Bürgerinitiative für Alternativen

zum Flugplatz Magdeburg e.V.

Magdeburg, 14.März 2006

Wirtschaftsminister Rehberger hat den Magdeburgern einen Vorschlag zur zukünftigen Nutzung der Flugplätze Magdeburg und Cochstedt unterbreitet. Doch die Magdeburger haben anderes vor. Die Regionalversammlung Magdeburg beschloss kürzlich, dass der Flugplatz in Magdeburg ausgebaut werden soll. Eine neue Runde im Streit um die Flugplatzentwicklung in und um Magdeburg....

 

Bereits im Vorfeld der Stadtratssitzung berichteten wir auf unseren Internetseiten sowie die Volksstimme in Beiträgen vom 10. März 2005 und vom  08. Juni 2005auf den neuen Beschluss, den die Stadt für die Entwicklung des Flugplatzes treffen wollte. Weiterhin hatten wir bereits OB Trümper im Januar in einem Offenen Brief auf die tatsächlichen Gegebenheiten am Flugplatz Magdeburg (im Zusammenhang mit dem Gutachterauftrag durch den Stadtrat) aufmerksam gemacht.

Des weiteren hatten wir in einem (weiteren) Offenen Brief, diesmal an alle Stadträte, auf die Unzulänglichkeiten des in Auftrag gegebenen Gutachtens sowie deren Folgen als Grundlage für einen Stadtratsbeschluss hingewiesen. 

Das von der Firma Kienbaum erarbeitete Gutachten diente der Stadtverwaltung für eben erwähnte Beschlussvorlage, über die in der heutigen Stadtratssitzung abgestimmt wurde.

Hauptinhalt dieser Beschlussvorlage, die gegenüber den Handlungsempfehlungen der Gutachter stark verwässert wurde, seien hier kurz aufgeführt: 

  • den Ausbau zunächst nicht weiter zu verfolgen;

  • den Status quo für den Geschäftsbetrieb des Flugplatzes beizbehalten;

  • sich nicht an der Betreibergesellschaft in Cochstedt zu beteiligen und

  • die Flughafen GmbH in die Magdeburger Verkehrsbetriebe einzugliedern.

 

Weiterhin wurde in die Sitzung ein Änderungsvorschlag der SPD eingebracht, der 

  • explizit eine Aufrechterhaltung des Planfeststellungsbeschlusses für einen spätere möglichen Ausbau fordert sowie

  • eine Eingliederung der FMG in die MVB verhindert.

 

Die PDS beantragte einen Änderungsvorschlag: der Status quo sollte, entgegen der Verwaltungsvorlage, wie folgt geändert werden:

  • Erhalt der Zulassung für Luftfahrzeuge mit einer Startmasse von bis zu 5,7t;

  • Erhalt des Luftraumes „Foxtrott";

  • Erhalt des bestehenden Instrumentenanflugverfahrens.

 

Hier der Änderungsvorschlag der FDP: Sie forderte:

  • Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, welche Möglichkeiten zur mittelfristigen Zusammenlegung der Geschäftsführungen der Flughafen Magdeburg GmbH und der des Flughafens Cochstedt (Harz-Börde-Flughafen) bestehen.

  •  Die Landeshauptstadt Magdeburg behält sich die Option der Beteiligung an der Betreibergesellschaft des Flughafens Cochstedt vor.

 

Nicht zu vergessen der Antrag der Fraktion  Änderungsvorschlag von Bündnis90/Die Grünen. Sie forderte:

  • Zur Verbesserung der Liquiditätssituation der Gesellschaft und haushaltswirksamen Senkung der kommunalen Zuschüsse ist der Hotelkomplex an der Nord-Ost-Ecke des Flugplatzgeländes zum Verkauf zeitnah öffentlich auszuschreiben oder zur Vermarktung durch eine Grundstücksauktion einzubringen.

  • Zur Sicherung einer professionellen Vermarktung der im Eigentum der FMG befindlichen Gewerbeliegenschaften ist umgehend eine Immobilienfirma, gegebenenfalls auch die GWM GmbH, zu beauftragen.

  • Um zu gewährleisten, dass eine Reduzierung des Aufwandes an Personaleinsatz keine fachliche Reduktion der Flugplatzqualität nach sich zieht, ist für eine Umstrukturierung ein zeitweiliger Fachbeirat, bestehend aus 3 – 5 Fachleuten aus der deutschen Luftfahrtbranche, begleitend zu bilden.

 

Bevor wir einige interessante Details zu den wahren Inhalten und zu den Folgen des von der Stadt verabschiedeten Beschlusses darlegen, wollen wir bereits an dieser Stelle das Abstimmungsverhalten im Stadtrat bekannt geben: Der Änderungsantrag der SPD wurde mit der Mehrheit der SPD und der CDU und gegen die Stimmen der meisten anderen Abgeordneten angenommen. Der PDS-Antrag wurde mehrheitlich durch CDU, SPD und BfM (Bund für Magdeburg) abgelehnt. Ebenso der Antrag der FDP-Fraktion. Der Antrag von B90/Die Grünen/future wurde in der zweiten Sitzung mehrheitlich beschlossen..

 

Wir wollen das den Beschluss des Stadtrates interpretieren:

 Der Oberbürgermeister „beruhigte“ von Anfang an die Bevölkerung

Unter dem Titel „OB Lutz Trümper verkündet den Verzicht auf Flugplatz-Ausbau“ wurde den Bürgern am 10. März in der Volkstimme suggeriert, dass es zu keinem Ausbau in Magdeburg kommen wird. Und er beruft sich dabei auf das letzte Gutachten, welches vom Stadtrat angefordert wurde. Dieses Gutachten hatte den Ausbau als „überflüssig“ und unangemessen teuer dargestellt.

Was allerdings bis vor einigen Tagen nicht in der Volksstimme stand, und was auch die Stadträte der Bevölkerung ungern mitteilten: Das Gutachten empfiehlt, den Planfeststellungsbeschluss für die Zukunft aufrecht zu erhalten, um so einen später möglichen Ausbau nicht zu behindern.

Mit anderen Worten: Da das Land derzeit kein Geld für einen Ausbau ausgibt, und bisher auch kein anderer Investor Mittel für einen Ausbau bereitstellt, ist der sofortige Ausbau sowieso nicht möglich. Aber in zwei, drei Jahren ... da geht doch wieder was!

 

Die Ausbaulobby hat schon vorgesorgt

Es war verwunderlich, dass die Ausbaulobby nach dem Volksstimmeartikel vom März nicht sofort gegen den OB auf die Barrikaden ging. Aber die Flughafen GmbH und damit die Ausbaulobby kannten das Gutachten bereits und damit auch die Textpassagen, die einen Ausbau doch zulassen. Mehr noch: Herr Fechner, Geschäftsführer der FMG, arbeitete fleißig am Gutachten mit. Er wurde von den Gutachtern dafür auch hoch gelobt: S. 8 im Gutachten: „Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich Herrn Dipl.-Ing. Peter Fechner, Geschäftsführer der FMG, für die vertrauensvolle, offene und kompetente Zusammenarbeit danken.“

Alles klar, oder was?

 

Der letzte Ausbaubeschluss der Stadt ist ungültig

Der am 06.12.2001 getroffene Stadtratsbeschluss für den Ausbau setzte das Land als Geldgeber voraus. Doch da das Land vernünftigerweise auf Cochstedt setzte und der Stadt Magdeburg keine Fördermittel gab, ist der Stadtratsbeschluss hinfällig. Es war jetzt also völlig offen, was den Ausbau des Flugplatzes angeht.

Der Ausbaulobby schwante, dass mit dem geplanten Ausbau innerhalb der fünfjährigen Frist nicht begonnen werden könnte. Der Bevölkerung kann man derzeit (vor allem bei schwieriger Kassenlage) schlecht vermitteln, dass, wenn sich das Land auf Cochstedt konzentriert, die Stadt Magdeburg parallel dazu und im Alleingang den Ausbau des Magdeburger Flugplatzes schultert.

Doch auch wenn jetzt kein Ausbau möglich ist – später vielleicht schon! Man muss nur die Gültigkeit für den Planfeststellungsbeschluss für alle Zukunft aufrecht erhalten!

 

Wie man mit legalen illegalen Mitteln einen Planfeststellungsbeschluss aufrecht erhält

Für den Flugplatzausbau benötigt man einen Planfeststellungsbeschluss. Diesen hatte das Regierungspräsidium im Frühjahr 2000 nach mehrjährigem Verfahren erteilt und besitzt eine Gültigkeitsdauer von fünf Jahren. Nach diesen fünf Jahren verfällt der Planfeststellungsbeschluss, es sei denn, man hat während dieser Zeit mit den planfestgestellten Bauarbeiten begonnen. 

Da das Land nicht als Investor zur Verfügung stand, konnte der Ausbaubeschluss der Stadt bisher nicht umgesetzt werden. Man hätte demzufolge auch nicht mit dem Ausbau beginnen dürfen. 

Doch die Ausbaubefürworter wollten unbedingt den Planfeststellungsbeschluss für einen späteren Ausbau aufrecht erhalten – und dafür musste man mit den Bauarbeiten beginnen. Auch wenn das laut Stadtratsbeschluss nicht möglich war. Doch wie umgeht man demokratische Willensentscheidungen? Man stellt den Stadtrat vor vollendete Tatsachen. Und der lässt sich von der Ausbaulobby scheinbar alles gefallen: 

Da die Flughafen GmbH ein städtischer Eigenbetrieb ist und gemäß dem Gesellschaftsrecht eigenständig Entscheidungen treffen kann, entschied man sich in den (mehrheitlich von Vertretern der Ausbaulobby besetzten) Gremien den FMG kurzerhand u.a. für den Ausbau einer Havariestraße, die kurze Zeit später auch tatsächlich gebaut wurden. Diese waren im Planfeststellungsverfahren als Bestandteil der Bauarbeiten formuliert worden. So wurde ein an sich illegales Vorhaben durch ein, rein rechtlich gesehen, legalen Trick umgesetzt.

  

Ein Ausbau durch die Stadt kann jederzeit erfolgen

Der alte Ausbaubeschluss der Stadt ist solange hinfällig, wie das Land nicht bereit ist, Mittel dafür herzugeben. Aber was hindert die Stadt in zwei, drei Jahren daran, einen neuen Ausbaubeschluss zu verabschieden? Nichts! Die Stadt könnte – formal gesehen – sofort einen neuen, gültigen Ausbaubeschluss formulieren. Oder könnte, ganz nach dem bisherigen Prinzip der Salamitaktik, den Flugplatz in kleinen Häppchen zu dem ausbauen, wie es im Planfeststellungsverfahren vorgesehen war.

Die Umsetzung der Salamitaktik ist nach genauerer Betrachtung sogar sehr wahrscheinlich: Kleinere Bauarbeiten werden im allgemeinen von der Bevölkerung nicht im Zusammenhang betrachtet und lassen sich im Stadtrat auch besser umsetzen. Falls sie überhaupt einer Genehmigung des Stadtrates bedürfen!

Die ersten Schritte dazu wurden bereits getan: Es ist ein Teil der Havariestrasse gebaut worden, und einige Flächen sind bereits angekauft. 

Erinnern Sie sich noch an die Diskussion im letzten Jahr (Januar) zur Umverlegung der B 71? Angeblich wegen der Schwertransporte! Die Ausbaulobby, die diesen Antrag damals stellte, hätte es fast um ein Haar geschafft, die B 71 zunächst auch ohne Ausbau umzuverlegen. Die anschließende Argumentation der Ausbaubefürworter können Sie sich schon denken: „Wenn wir jetzt schon die Straße umverlegt haben, können wir auch gleich noch die Startbahn verlängern...“.

  

Jeder Investor kann sofort ausbauen und die zukünftige Nutzung selbst bestimmen

Die Tatsache, dass der Ausbau des Flugplatzes sofort und ohne jeden Stadtratsbeschluss erfolgen kann, heißt auch, dass nicht unbedingt die Stadt allein den Ausbau tragen muss.

Ungünstiger Fall: Findet sich ein Investor, der Geld für den Ausbau bereit stellt, kann dieser später den Flugplatz auch nach seinem Gutdünken nutzen. Oder er tritt als Dienstleister für die Post auf, indem er den Frachtflug für die Post abwickelt. Sie wissen schon – die Frachtflugzeuge, die nicht ganz neu und daher schön laut sind. Und vorrangig die Abend-, Nacht- und Morgenstunden nutzen...

Jeder Investor kann den Flugplatz ausbauen, sofern der Planfeststellungsbeschluss gültig bleibt.

 

Kann man einen Ausbau nicht doch verhindern? 

Eine Wahrscheinlichkeit besteht, auch wenn wir nicht wissen, wie hoch sie ist:

Oben genannte Frage könnte man auch anders stellen: Reicht der Bau eines Teils der Havariestrasse aus, um die Gültigkeit des Planfeststellungsbeschlusses aufrecht zu erhalten? 

Es ist uns (und auch der Stadtverwaltung oder anderer Gremien) kein Fall bekannt, bei dem ein ergangener Planfeststellungsbeschluss nicht in der dafür vorgesehenen Zeit von fünf Jahren umgesetzt wurde. Wir haben es also beim Magdeburger Flugplatz mit einem Präzedenzfall zu tun. Die Stadtverwaltung geht hinter vorgehaltener Hand davon aus, dass es im Falle eines späteren Beginns der Ausbauarbeiten zu einem Gerichtsverfahren kommen wird. 

Genau das ist die Chance, einen Ausbau zu verhindern: die Gültigkeit des Planfeststellungsbeschlusses in Frage zu stellen! Selbst wenn die Stadt am Donnerstag beschloss, den Planfeststellungsbeschluss als zukünftige Option für einen Ausbau beizubehalten: Über die Gültigkeit kann der Stadtrat gar nicht bestimmen: Entweder ist der Beschluss gültig, oder er ist es nicht. Unabhängig davon, wie die Stadt das gerne hätte!

Falls die Stadt in einigen Jahren gedenkt, den Flugplatz mit neuem Beschluss auszubauen oder ein anderer Investor dieses vorhat, kann der Ausbau nur dann verhindert werden, wenn gegen die Gültigkeit des Planfeststellungsbescheides erfolgreich geklagt wird. In jedem anderen Fall wird die Stadt sich auf ihren (am Donnerstag verabschiedeten) Beschluss berufen, der die Gültigkeit angeblich feststellte, und drauflos bauen. Unter dem Motto: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Wir als Bürgerinitiative werden daher weiterhin jede Aktivität der Stadt oder eines anderen Investors penibel beobachten und ggf. sofort Alarm schlagen, wenn wieder Beschlüsse mit dem Ziel des weiteren Ausbaus des Flugplatzes getroffen werden. 

Den Ausbaubefürwortern geht es nicht um die flugtechnische Anbindung der Landeshauptstadt! Wenn dem so wäre, würde man sich z.B. nicht ständig gegen den Flughafen Cochstedt aussprechen! Auch bei einem Erfolg des Cochstedter Flughafens will z.B. die Magdeburger CDU nichts von Cochstedt wissen. Man will die eigene Klientel bedienen, um am Ausbau Geld zu verdienen. Der Bürgerwille wird notfalls auf den Kopf gestellt! Dagegen müssen wir uns wehren!